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Chapeau, Frankreich! Wie auf dem Land das digitale und nachhaltige Dorf der Zukunft keimt


"Rien ne va plus" (nichts geht mehr) auf dem Land? Damit wollen sich einige wackere Franzosen nicht abfinden. Wie die Gallier stemmen sich einige Dörfer und Regionen gegen Folgen der avantgardistischen Globalisierung und erobern ihr Dorfleben digital und nachhaltig zurück. Ein mühseliger Weg, der wie so oft mit ein paar Verrückten startete, aber inzwischen immer mehr Resonanz erfährt. CoWorking-Spaces, Maker Spaces oder FabLabs entstehen mitten auf dem Land. Was dahinter steckt und was wir von unseren französischen Nachbarn lernen können, entdeckte ich auf einem kleinen Recherche-Roadtrip mit einem ukrainischen Social Entrepreneur, der in Deutschland und Barcelona lebt. Als digitale Nomaden suchten wir Anschluss in der Provinz, suchten das Dorf der Zukunft 4.0 - und wurden überrascht von Digitalen Nomaden, die sich sanft, aber wie Gallier gegen die Wucht der Globalisierung stemmen und sie teilweise für sich zähmen. Von Feuerkopf Henryk Balkow*


Auf die digitalen Keime dieser Bewegungen in Frankreich bin ich im Internet zunächst nur auf umständlichen Umwegen gestoßen. Die Franzosen vermeiden starrköpfig englische Begriffe wie "Smart Village" oder "Digital Hub". Ehrlich gesagt hatte ich das schon lange nicht mehr hinterfragt. Sie sind stolz auf ihre französische Kultur, Sprache und die weltweit berühmt 35-Stunden-Woche und wollen eigene Wege gehen, warum nicht. Auch das ist eine Antwort auf die Globalisierung, die nicht nur hier einigen zu schnell und chaotisch verläuft. Natürlich kennen auch die Franzosen das große Sterben der Dörfer, die Stadtflucht in die großen Metropolen, wo Karrieren, Träume, Zerstreuung, Inspiration, Diversität, Freiheit und Entertainment locken. Das alles scheint das Landleben nicht zu bieten. Es taugt vielen nur noch zum Detoxen oder Heimat spüren. Dem möchte ich widersprechen. Meine Erfahrungen hier öffnen eine andere Vorstellung. Die Vorstellung vom Dorf der Zukunft, in dem Menschen wieder mehr kooperieren, mehr lokal produzieren und konsumieren. Sie produzieren, was sie brauchen und verstehen Diversität als Vorteil und sind deshalb weltoffener und liberaler. Das Dorf der Zukunft braucht keine Zertifikate für Nachhaltigkeit oder Exzellenz, denn das Vertrauen entsteht vis-a-vis vor Ort und organisiert sich selbst, nimmt Impulse von außen auf, aber verliert nicht seine Seele.


Man weiß, was man kauft und bei wem. Dinge werden wieder in Repair-Cafés repariert, wo Generationen wieder zusammenkommen und sich gegenseitig Fertigkeiten beibringen. Ersatzteile kommen nicht mit dem Containerschiff aus China und machen das Konto von Jeff Bezos (Amazon) fetter. Das Dorf der Zukunft kennt kein Burn-Out, Menschen arbeiten nur noch 4 Tage in der Woche. Es gibt Kultursäle mit verschiedenen Veranstaltungen, wo alle Generationen zusammenkommen. Die Senioren sitzen nicht allein daheim, sondern spielen gesellig Karten. Man trifft sich in der Markthalle beim Einkauf frischer Eier und Gemüse auf dem Hof. Über Bio-Siegel lacht man hier, das ist etwas für Stadtmenschen. Danach sitzt man vor der Markthalle auf einer Mitfahrer-Bank, wo jemand über BlaBla-Car sieht, dass ich in die nächste Stadt will und mich mitnimmt oder jemand aus dem Dorf sieht mich auf der Bank und nimmt mich mit oder ein Rufbus. Ich fahre auch nicht mehr in ein Großraumbüro mit Bällebad und kostenlosem Yoga in der einstündigen Mittagspause. Ich fahre im Dorf in einen CoWorking Space, arbeite mit Menschen in der ganzen Welt zusammen, aber bin von Freunden und Bekannten umgeben. Eine ist Fotografin, die andere macht Marketing, eine andere programmiert und ein anderer stellt mit einem 3D-Drucker Design-Entwürfe für eine moderne Küche her, die später von einem lokalen Tischler mit Holz aus der Region hergestellt wird. Mittags machen wir 3 Stunden Pause, damit wir in Ruhe nach Hause laufen und etwas frisch kochen und gemeinsam essen können, bevor wir wieder entspannt ins Büro gehen.
Wer denkt, ich fantasiere oder spinne, sollte mal nach Südfrankreich reisen. Nicht nur, weil es in der Bourgogne und den Rhone-Alpen wunderschön ist, sondern weil ich all das schon in echt gesehen habe, genau dort, in kleinen Orten.Und dazu sei gesagt, das sind keine Geldgräber für EU-Fördermitteln. Die Projekte, die ich hier gefunden habe, wurden lokal initiiert und finanziert und wachsen langsam, aber gesund. Fünzehn Freelancer und Selbstständige gehören inzwischen zum Netzwerk, das den CoWorking Space gemeinsam unterhält, die Kommune stellte die Räumlichkeit in zentraler Lage zur Verfügung. Für 30 bis 150 Euro im Monat kann man hier einen Platz nutzen, aber auch wenn man noch gar kein Geld hat, ist man willkommen. Für Tagesgäste wie mich gibt es eine Kasse des Vertrauens.

Ich sitze gerade, diesen Artikel schreibend, in einem 40 Quadratmeter großen oder kleinen CoWorking-Space mit 3 Selbstständigen aus der Region "Trieves" in Monestier-de-Clermont. Ein Dorf mit weniger als 500 Einwohnern. "La Fourmiliere" heißt auf deutsch "Ameisenhügel" und ist ein Tummelplatz für digitale Nomaden. Sebastien, etwa 30, ist Entwickler. Er wollte nicht für seiner Arbeit aus seinem Dorf, das er sehr mag, wegziehen. Er sah in der Lokalzeitung eine Anzeige, auch andere "Young Professionels" suchten Verbündete für ein CoWorking-Büro. Wir sitzen in der Grand Rue im wunderschönen Bergdorf Monestier-de-Clermont im Südwesten Frankreichs. Die Kommune in der Region des Alpenausläufers Aubergne-Rhone-Alpes zählt weniger als 1.500 Einwohner. Die nächst größere Stadt ist Grenoble eine Dreiviertel Stunde gen Norden.
Alle sitzen konzentriert vor ihren Laptops und PCs. Sebastien telefoniert mit seinem Headset gerade mit einem Kunden, auf Englisch, das erlebt man hier leider noch zu selten. Er entwickelt Software für die Luftfahrt-Branche, da kommt auch der stolzeste Franzose nicht an Englisch vorbei. Ich hole mir einen Kaffee aus einer alten Filterkaffeemaschine. Die "Kollegen" unterhalten sich auf französisch miteinander. Mit meinen rudimentären Französisch-Kenntnissen aus meiner schulzeit verstehe ich zumindest, dass sie sie nicht über die Arbeit reden, sondern sich über Privates austauschen. Es wird nochmal gelacht, dann konzentrieren sich wieder alle auf ihre Arbeit. Es wird langsam dunkel.

Ich schaue durch die große, gläserne Tür des "Büros für digitale Nomaden" nach draußen auf die Grand Rue. Alle paar Minuten kommen Passanten vorbei, die neugierig in dieses noch ungewöhnliche Objekt reinschauen. Gegenüber ist ein Restaurant, nebenan ein Café, eine Boulangerie, eine Kirche und ein kleines, altes Schloss, indem man für knapp 80 Euro auch übernachten kann. Weiter unten in der Straße gibt es einen Hofladen einer Öko-Familie. Wir sind im Januar da, da wächst nicht viel und der Verkauf ruht. Die Geschäfte haben nur an bestimmten Tagen und zu bestimmten Zeiten geöffnet und daran gewöhnt man sich (schmerzhaft) schnell. Gleichzeitig verstehe ich es aber. Die Menschen arbeiten in ihren eigenen Geschäften. Würden sie 7 Tage pro Woche öffnen und den ganzen Tag, brauchen sie Angestellte. Eigentlich, merke ich, ist es auch nicht nötig, jeden Tag und den ganzen Tag bis 20 Uhr geöffnet zu haben. Zur Not gibt es auch die großen Supermarches in den Oberzentren, den größeren Kommunen oder Kleinstädten.
Daniel findet das Leben mit Familie, Freunden und der traumhaften Landschaft schön und will auch kein anderes. Es fühlt sich richtig an. Monestier-de-Clermont liegt malerisch an einem türkisfarbenen Bergsee Monteynard. Obwohl es Ende Januar ist, kann man ohne Jacke herumlaufen. Schnee gibt es nur noch auf den oberen Bergspitzen der Alpenausläufer, die die Kulisse der Kommune sind und im Sommer viele Touristen anlocken. Der Klimawandel geht an keiner Haustür nur vorbei. Er ist und bleibt vorerst da. Hier lebt man aber längst ein klimafreundliches Leben, das ist der Unterschied, über den wir nachdenen sollten. Ich habe seitdem ich hier bin, keinen Paketdienst für Amazon gesehen. In den Regalen stehen vorwiegend regionale Produkte. Die meisten arbeiten hier in der Region. Allerdings habe ich keine Solaranlagen gesehen. Trotzdem ist diese Lebensweise natürlicher als die der totalen Globalisierung.


Knapp vier Stunden entfernt habe ich am Alpenrand südlich von Grenoble die Region "Trieves" besucht, die sich selbst als Region im Wandel bezeichnet. Das "Transition Town"-Konzept wird hier auf eine ländliche Region angewendet und heißt dann eingemeindet "Trièves en Transition". In der einstigen Bergarbeiter-Gemeinde "La Motte" fand ich einen CoWorking-Platz bei "La Mine". Das ist keine ehemalige Bergarbeiter-Miene, aber war früher das Haus der Versicherung der Bergarbeiter. Heute ist hier auf drei Etagen Platz für digitale Nomaden und StartUps. Ehrlich gesagt, waren wir zunächst übberascht, weil wir uns alles viel digitaler vorgestellt haben mit mehr Technik, künstlicher Intelligens. Das Dorf 4.0. Das hat mich aber etwas wichtiges gelehrt. Digitalisierung geht nicht mit der Brechstange und muss vor allem auch sensibel mit den Regionen und den Menschen in einem gesellschaftlich gesundem Tempo passieren. Transition bedeutet hier, sanfter Wandel. Nicht als Fremdkörper oder fremdes Konzept, dass hier alles umwälzt, sondern weise die Chancen und Herausforderungen der Globalisierungen einflechten. Die meisten CoWorker hier sind ganz pragmatisch, keine verblendeten Visionäre aus der Stadt, die sich im Dorf wichtig machen wollen. Alles ist Teil eines Ganzes, dem Leben hier. Dabei hat man uns als digitale Nomaden gleichermaßen herzlich und neugierig mit offenen Armen als willkommene Gäste und Impulse empfangen.

Mattieu und Aurélie haben mir gleich einen Platz angeboten und konnten, wie Sophie in Lormes und Sebastien in  auch ganz gut Englisch. Ein weiterer Vorteil, dass Menschen auch mal außerhalb ihrer Bubble waren: sie haben eine neue Sprache mitgebracht und das erleichtert auch das globale coworken für sie. Aurélie arbeitet für eine humanitäre NGO. Mattieu war drei Jahre in als Webentwickler und Webdesigner in München. Er wollte aber wieder zurück in seine Heimat nahe der Familie, vor allem wegen seiner Frau und seiner 2-jährigen Tochter. "Viele gehen in die Großstädte zum Arbeiten oder arbeiten in Grenoble, 45 Minuten entfernt und pendeln dann. Der ÖPNV hier ist nicht gut, also ist man lange unterwegs", erklärt er mir. Wohnungen in den Städten sind teuer und hier auf dem Land kann man sich schon eher ein altes Haus leisten oder erbt eins aus der Familie und hält das in Schuss.  Die Gemeinde war sehr offen, das ehemalige Versicherungsgebäude für die neue Idee eines Coworking-Spaces herzugeben. Nun arbeiten hier immer mehr Menschen, die teilweise ihr Home Office hierher verlegt haben oder selbstständig sind. Manche arbeiten zwei Tage in Grenoble und zwei Tage im Coworking Space in ihrer Heimat. So haben sie mehr Zeit daheim.


Umgeben von wunderschönen Bergen der französischen Alpen und einem kleinen Skigebiet auf knapp 1600 Metern ist das ein Büro mit Aussicht und nah am Zuhause. Immer mehr Unternehmen würden ihren Mitarbeitern zunehmend ein paar Tage Home Office einräumen. Das ist auch Teil der "Transition"-Bewegung in Frankreich, die zwei wesentliche Herausforderungen der Globalisierung gleichzeitig anpackt. Zum einen will man die CO2-Emmissionenssenken, indem mehr Menschen lokal arbeiten, produzieren und konsumieren. Zum anderen will man im ländlichen Raum Bürger und Wirtschaft besser vernetzen und somit die lokale Wirtschaft und den lokalen Arbeitsmarkt fördern. Also so etwas wie "Glokalisierung". Dafür sollen die nötigen Fertigkeiten, Ressourcen und Events bereitgestellt werden. Und aktive Macher*innen, die diese Angebote annehmen, scheint es schon einige zu geben. Damit ist die "kritische Masse", die man am Anfang für Veränderung braucht schon vielerorts da. Es bedarf aber trotzdem auch mehr Bildung und Aufklärung zur Bedeutung des Klimaschutzes und der lokalen Entwicklung von Widerstandsfähigkeit gegen negative Effekte der Globalisierung. Aber der Wille ist da und der ist, wie die Geschichte zeigt, bei den Franzosen sehr ausgeprägt. Grenoble und auch die südlich gelegene Region Trieves orientieren sich am Konzept der Transition Town. Hier heißt das dann "Ville en transition". Dazu gehört auch eine Entwicklung in Richtung Kreislaufwirtschaft, genauso aber aber eine soziale Bewegung, die sowohl Innovation als auch mehr Zusammenhalt und Kooperation fördert. Grenoble hat gerade mal 160.000 Einwohner, aber die Studentenstadt pulsiert und atmet. Im Zentrum gibts auch einen Pop-Up-Store für Ideen und deren Wachstum.



Vor ein paar Tagen startete ich meinen Roadtrip in Südfrankreich in Lormes in der Bourgogne im Naturpark Morvan. Ein Dorf neben dem anderen, aber ich fand ein nettes AirBnB in Nailly. Ich bin auch hier nur mit viel mühevoller Recherche (wegen der sprachlichen Barrieren) auf Lormes als "Petite Ville du futur" gestoßen, einer "Kleinstadt der Zukunft". Mit gerade mal knapp 1.300 Einwohnern eher ein Dorf. In einem CoWorking-Space saß neben mir eine Frau, die wohl so Mitte 40 war und die mir der Himmel schickt. Sophie ist einer der Anstifterinnen dieser Bewegung hier - und die Frau vom Bürgermeister. Schnell haben wir uns angefreundet. Sophie studierte an der Sorbonne Universität und fragte sich angesichts des avantgardistischen Paris, warum das nicht auch in der kleinen Stadt gehen sollte, in der sie mit ihrem Mann und den Kindern lebte. Die Kinder, beide inzwischen in den Zwanzigern, haben das Nest längst verlassen. Trotzdem hält sie daran fest, Lormes lebenswert und zukunftsfähig zu machen. Sie baute mit anderen Bewohnern den ersten CoWorking-Space in einem ehemaligen Schlachthof auf. Nebenan ist ein Fab-Lab mit 3D-Druckern, die man stundenweise mieten kann. Es gibt Workshops und andere Veranstaltungen. Sie plant einen ICI (deutsch: Hier) Maker Space, wo Dinge wieder lokal hergestellt werden können und Raum für viele Ideen und StartUps ist - natürlich mit Blick auf lokale Bedarfe und Potenziale.



"Als ich hierhergezogen bin sah ich, wie die wunderschönen Douglasie-Bäume sinnlos gefällt wurden ohne nachhaltige Forstwirtschaft. Im IKEA gab es dann die Möbel zu kaufen aus Holz, das teilweise aus diesem Bestand kam, mit Containerschiffen nach China transportiert, verarbeitet und über IKEA wieder zurück nach Frankreich in die Möbelhäuser kam, wo Leute dann hunderte Kilometer mit dem Auto hingefahren sind, um sie zu kaufen. Ich dachte nur, wie dumm das ist!" Sophie sah sowohl die Bedrohung der Umwelt als auch die der Arbeitsplätze, die abwandern und damit das langsame Sterben des ländlichen Raums wie ein Gift im Grundwasser. Mit ihrem Mann, dem Bürgermeister, sprach sie viel darüber, was man machen kann und weil sie eben so ist, überzeugte sie andere und legte los. Es zeigt wieder, wie wichtig einerseits lokale, energetische und sympathische "Firestarter" sind, aber auch die Offenheit und Unterstützung anderer, über die ein Netzwerk und eine Idee wachsen können. Sophie konstruierte die ländliche Umwelt, in der sie lebt, neu und schuf damit lebendigen Fortschritt - wenn auch noch mit Babyschritten. Vielleicht steckt darin auch ein wenig der Einfluss ihrer Freundin Rebekka, Tochter des Philosophen und Vertreter des Konstruktivismus, Jürgen Habermas. Die beiden lernten sich in ihrer Pariser Zeit zufällig kennen. Was für ein ironischer Zufall, hat Habermas doch mit seiner Theorie der kommunikativen Interaktion und der Konstruktion von Wirklichkeit das theoretische Framing für das geliefert, was Sophie, ihr Mann und immer mehr Verbündete in Lormes aufbauen. Es ist ein Gallisches Dorf, es ist Resistance zu einem Lebensstil, der nicht mehr in die Zeit passt. Dazu muss man erwähnen, dass alle CoWorker, Firestarter und StartUps, die ich getroffen habe, entweder für ein paar Jahre außerhalb ihrer Heimat unterwegs waren oder der Liebe wegen in ein neues Dorf oder eine neue Stadt gezogen sind. Sie haben ihre Erfahrungen und Horizonte also von außen mitgebracht und eingebracht. Sie sind die sensiblen und weisen Gestalter von Veränderung, die Brückenbauer zwischen Vergangenheit und Zukunft in der Gegenwart. Vielleicht ist es eine neue Avantgarde aus dem ländlichen Raum heraus, die wir genau beobachten und unterstützen sollten. Ich fand es für die Zukunft zum Beispiel wegweisend, wieviel Respekt hier Menschen in der Landwirtschaft entgegen gebracht wird. Ein Respekt, den wir oft verloren haben, weil wir Lebensmittel meistens von verketteten Konzernen in verketteten Supermärkten kaufen. Hier kennt man die Erzeuger und schätzt es, diese wesentliche Lebensgrundlage vor Ort zu haben. Trotzdem haben moderne Berufe wie Entwickler oder Fotografinnen hier auch ihren Platz im Dorf. Ich finde, das ist eine schöne Aussicht auf die Zukunft. Das Landleben in Frankreich wirkt auf mich ohnehin romantischer als in Deutschland. Vielleicht lag es am Wein, dem Käse, den Baguettes aus der Boulangerie oder dem frischen Gemüse aus der Region. Ich nehme jedenfalls einige mit, nicht nur an Inspiration, auch an Einsicht - und an Rotwein und Käse natürlich. Digitalisierung des ländlichen Raums und die Rettung der Dörfer sind mehr als flächendeckendes 5G. Wir müssen ganzheitlich denken und dazu gehören auch soziale Fragen des Zusammenlebens. Das Dorf der Zukunft ist integer sozial, rustikal, digital und nachhaltig. Und es ist keine radikale Revolution, sondern ein moderierter Prozess, der auf lokalen Ressourcen und Vernunft von Menschen basiert. Der Ausflug ins Land der Aufklärung hat sich für mich gelohnt. Merci Beaucoup, France. Aurevoir!

*Dr. rer. pol. Henryk Balkow ist freiberuflicher Digitalisierungs- und Medienexperte, Soziologe und Journalist bei den Feuerköpfen (R)

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